Heute merke ich eigentlich schon beim Aufstehen, dass ich erst am Nachmittag am Krimi schreiben werde: Ich habe wenig geschlafen und der Tag gestern hängt mir in den Knochen. Dennoch packe ich meine Schreibsachen und gehe ins Café. Dort bleibe ich an meinem Stammplatz vorne beim Röster hängen. Das nächste sichere Zeichen, dass ich nicht am Krimi schreiben werde, denn den schreibe ich nur hinten im Gastraum.
Ich fühle mich gestresst. Also überhaupt und weil mein Plan nicht klappt. Eigentlich fühle ich schon, dass meine Seele und auch mein Körper Raum und Zeit brauchen, bevor ich weiter schreiben kann. Aber auch nach all den Jahren Schreiben, verklemme ich mich dennoch darüber und denke in Produktivitätskategorien.
Dann stelle ich fest, dass ich meinen Laptop Zuhause vergessen habe. Das passiert mir manchmal und dann hole ich ihn eben schnell. Nicht so heute. Ich bin unentschlossen. Einer meiner Café-Freunde sagt: „Hol ihn doch schnell.“ Ich: „Sei bitte nicht so lösungsorientiert.“ Wir lachen. Als er geht, bleibe ich vorne sitzen und packe ich mein Krimiautorinnen-Journal aus.
Ich schreibe die ersten Gedanken in mein Journal und stelle schreibend fest: Vor meinem Vormittagstermin werde ich nicht am Krimi schreiben. Eine gute Entscheidung. Ich fühle mich ein kleines bisschen entspannter.
Eine andere Stammgästin setzt sich kurz zu mir und erzählt mir von ihrem entspannten Urlaub: Sonne, schwimmen, essen, schlafen. Dort möchte sie wieder hin. Als sie geht, erinnere ich mich an entspannte Wochen in Kalifornien, die ich in einem Businesshotel verbracht habe, während mein Mann zum Arbeiten in Kalifornien war. Ich habe geliebt, wie es dort gerochen hat und dass ich tagsüber die Terrasse und den Pool für mich allein hatte. Luxus!
Ein anderer regelmäßiger Cappuccinoholer legt mir ein Buch auf den Tisch, dass er mir nach einem langen Gespräch vorletzte Woche leihen wollte: „Die Kunst des Krieges“ von Sun Tsu. Das Buch füge ich gleich meiner Leseliste auf meiner Sommer-To-Want-Liste hinzu.
Ich höre ein Gespräch über Trennungsringe, mehr Kiffen und lerne den Namen Loris. Den google ich fix: Der Name kommt von Laurentus und bedeutet der Lorbeergeschmückte. Und ich bin hocherfreut, weil eine wichtige Figur in einer meiner Geschichten noch keinen Namen hat. Ich wusste einfach keinen, der zu der Figur passt. Jetzt ist es mir klar warum nicht, denn ich kannte den Namen bis dato nicht.
Dann schnacke ich mit der Barista übers Musikmachen und schreiben. Ich erzähle, dass ich Mal auf der Insel Herm angekommen bin und mich sofort ins Moos werfen und ein Gedicht schreiben wollte. Leider habe ich das nicht gemacht, sondern mir die Insel angeschaut. Das war auch schön, aber die Kraft dieses Moments, als ich mich ins Moos werfen wollte, kann ich immer noch spüren. Vielleicht schreibe ich ein Gedicht darüber, es nicht getan zuhaben.
Die Barista erinnert meine Moosnummer an Frederick, die Grille Maus aus einem Kinderbuch, die schöne Erinnerungen im Sommer sammelt. Darüber entspanne ich mich völlig.
Und ich habe die Idee heute im Blog genau über meine 1,5 Stunden auf meinem Stammplatz vorne im Café zu erzählen, den ich im Blogbeitrag …wie regelmäßige Cafébesuche mich beim Krimischreiben unterstützen nur kurz erwähnt habe.
„Sie haben eine schöne Handschrift“, sagt eine junge Frau mit Blick auf mein Notizbuch, während sie auf ihren Cappuccino wartet. „Das sieht so schön aus.“ Ich freu mich darüber und bedanke mich. Kurz vorher habe ich noch mit einer anderen Stammkundin darüber gesprochen, dass ich meine Schrift manchmal selber nicht lesen kann. Das ist tatsächlich so. Und dennoch mag auch ich meine Handschrift und finde sie schön.
Und jetzt, am Nachmittag, geh ich rüber ins Café, setze mich hinten in den Gastraum und schreibe an meinem Krimi weiter. Alles ist gut!