„Welche Unsicherheit könntest du mit Geld beheben?“, fragt Claudia in der 12. Frage ihrer 60-Fragen-Challenge. Auf die Frage habe ich spontan zwei gegensätzliche Antworten: Keine, Unsicherheit ist ein Gefühl. Viele, Sicherheit kann ich mit Geld kaufen.
Ich kann an der Corona-Pandemie nichts mit Geld ändern, aber ich kann mir FFP2-Masken kaufen, mich besser schützen und meine Unsicherheit minimieren. Menschen mit einem Haus und Garten können sowohl einen Lockdown als auch eine Quarantäne einfacher überstehen als Menschen, die in einer kleinen Wohnung leben.
Mit Geld könnte ich die Unsicherheit darüber, wie mein Leben aussehen könnte, wenn ich alt bin, mildern. Mit einer höheren Rente, könnte ich auch im Alter in der Wohnung bleiben, in der ich jetzt lebe. Meine Gesundheit kann ich zum Teil mit Geld beeinflussen. Ich kann mich gesund ernähren und mir bessere medizinische Versorgung leisten, alles andere liegt nicht in meiner Hand.
Die großen Lebensunsicherheiten kann ich nicht mit Geld beheben. Geld hat keinen Einfluss darauf, dass ich sterben werde. Mit Geld kann ich die Klimakatastrophe nicht beeinflussen. Ich habe keinen Einfluss, ob es Krieg oder Frieden gibt. Aber bei all den Ereignissen gilt, mit Geld lässt sich einfacher leben.
Ich bin sehr glücklich, nicht mehr in der unsicheren Situation zu leben, dass ich gerade mal weiß, dass ich die nächste Miete und mein Essen für den nächsten Monat bezahlen kann. Ich habe einige Jahre am Existenzminimum gelebt. Da durfte nichts kaputt gehen und neue Kleidung gab es auch keine. Damals hätte ich sofort gewusst, welche Unsicherheit ich mit Geld beheben könnte. Meine alltägliche Lebensunsicherheit.
Damals hätte ich meinem Heutigen-Ich gehörig die Meinung gesagt, wenn ich gesagt hätte, Unsicherheit ist ein Gefühl, dass ich nicht mit Geld beheben kann. Zum Teil stimmt das natürlich. In den Jahren als dann jeden Monat viel mehr als ausreichend Geld aufs Konto kam, waren die alltäglichen Lebensunsicherheiten verschwunden. Dafür hatten dann meine persönlichen Unsicherheiten oder Bedrohungen viel mehr Raum sich zu zeigen.
Auch da könnte mein Früheres-Ich sagen, hat mir Geld geholfen, die Unsicherheiten zu beheben. Ich habe viele Jahre Psychotherapie gemacht und das nicht nur bei Therapeut*innen, die die Krankenkasse bezahlt hat. Sondern auch bei sehr guten Therapeut*innen, die nur privat abrechnen. Da bekommt mensch schneller einen Therapieplatz und manche wirksame Therapiemethode bezahlt die Krankenkasse nicht.
Meinem Idealistischen-Ich gefällt die Entwicklung, die dieser Text nimmt, gar nicht. War es doch vorhin vorgeprescht und hatte gesagt, Unsicherheit ist ein Gefühl. Und damit unabhängig von Geld haben oder nicht haben. Darauf würde ich jetzt sagen, das stimmt schlicht in einem kapitalistischen System nicht. In einem kapitalistischen System kann ich gewisse Unsicherheiten mit oder mittels Geld beheben.
Die Unsicherheit, ob ein Text oder eine Geschichte gut ist, kann ich mit Geld nicht beheben. Natürlich kann ich eine Lektor*in bezahlen und fragen, ob Text oder Geschichte stimmig sind. Ich kann Schreibkurse besuchen und meine Schreibfähigkeiten verbessern. Aber letzten Endes hängt es vom Geschmack jeder Leser*in ab, wie ihr oder ihm ein Text gefällt.
Meine Unsicherheit beim Veröffentlichen von persönlichen Texten und Geschichten kann ich auch nicht durch Geld beheben, sondern nur durch das Veröffentlichen eben dieser Texte und Geschichte.
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