Vor vielen Jahren habe ich ein Semester Creative Writing am Open College of the Arts belegt. In den Studienunterlagen habe ich im Abschnitt über den Arbeitsplatz und die Studienzeit zwei Sätze mit Textmarker hervorgehoben: „Can you organise some ‚blank time‘ in which you let your creative mind roam, dream and develop ideas?“ Mit Bleistift habe ich „schwierig“ dahinter geschrieben. „Create a timetable that. … takes account of that important ‚mind roamin‘ and ‚dreaming‘ time.“ Also Dasitzen und in die Luft gucken als Studienanweisung.
Ich weiß noch, dass ich völlig fasziniert davon war, dass in meinen Studienunterlagen quasi stand, ich soll Pause machen. Pausen hatten bei mir bis dato keine Priorität und hatten es leider auch trotz der Studienunterlagen danach lange Zeit nicht bis ich eine Zwangspause machen musste. Dann habe ich gelernt, Pausen zu machen und neuerdings vergesse ich das beinahe wieder über all die schönen Schreib- und Autorinnendinge, die ich mache und machen will.
Glücklicherweise fällt mir das aber sehr schnell auf. Heute wollte ich etwas anderes Bloggen, das Thema hatte ich mir gestern schon überlegt, aber mein Körper und mein Geist wollen heute Pausen. Also schreibe ich übers Pausemachen. Und ich schreibe nicht nur darüber, ich habe heute schon einfach Dagesessen und in die Luft geguckt. Beim ersten Mal heute Morgen auf meinem Morgenspaziergang habe ich mir dabei einen nassen Hintern geholt. Die Bank, auf die ich mich gesetzt habe, war noch taunass. Da bin ich schnell wieder aufgesprungen.
Beim zweiten Mal heute Mittag habe ich auf meinem Balkon gesessen und in den blauen Himmel geschaut. Und geguckt. Geschaut. Bin den Möwen mit den Augen gefolgt. Habe bemerkt, dass die Wolken sich aufgelöst haben. Habe in den blauen Himmel geguckt, bis ich irgendwann ganz ruhig war. Wunderbar. Während ich das aufschreibe, merke ich, wie ich wieder ganz ruhig werde. Innerlich und äußerlich.
Genauso eine beruhigende Wirkung wie in den Himmel gucken hat für mich aus dem Fenster gucken. Ich schaue dann aus dem Fenster und gucke den Menschen hinterher, die vorbeigehen. Oder den Radfahrern, die vorbeifahren. Oder ich schaue zu, wie der Wind die Blätter der Linde vor meinem Fenster bewegt.
Wenn ich an meinem Schreibtisch sitze, brauche ich mich nur in meinem Schreibtischstuhl zurücklehnen und mich leicht nach links wenden. Dann kann ich aus dem Fenster gucken. Das mache ich ganz rational, um meine Augen zu entspannen und in die Ferne zu gucken anstatt auf den Bildschirm. Und dann träume ich oft aus dem Fenster und habe plötzlich eine Idee wie ich weiter schreiben kann.
Manchmal stelle ich mir im Wohnzimmer meinen Klavierhocker ans Fenster, stelle den Timer auf meinem Mobiltelefon auf 10 Minuten und dann gucke ich aus dem Fenster. Ich schaue mir an, wie die Leute gehen. Was sie in der Hand oder auf dem Rücken tragen. Oder was mir sonst auffällt. Wunderbar. In den 50er Jahren war angeblich die dritt liebste Beschäftigung aus dem Fenster schauen. Die 50er will ich nicht zurück, aber dass „aus dem Fenster schauen“ quasi ein Hobby war, finde ich super.
Jetzt ist es für mich wieder Zeit, in die Luft zu gucken. Guckst du in den Himmel, in die Luft oder schaust aus dem Fenster?