Wenn 80 Krimiautorinnen der Mörderischen Schwestern, Europas größtem Krimiautorinnen Verband, sich auf ihrer Jahrestagung treffen, ist ein Skelett das beliebteste Selfie-Motiv. Memento Mori lässt grüßen. Ansonsten ging es im Angesicht des Todes lehrreich, vergnüglich, spannend und genussvoll zu. Leben pur.
Der erste Tag – Freitag 1. Dezember 2017
Lange Anreise und bei Ankunft Sekt
Krass früh um 6.00 Uhr bin ich in Kiel in einen Zug gestiegen und nach mehrmaligem Umsteigen und herum irren in langen Fluren gegen 16.00 Uhr im Festsaal des Kloster Schöntals eingetroffen. Dort habe ich mir ein Schild umgehängt, ein Glas Sekt in die Hand gereicht bekommen und mit lieben Kolleginnen gequatscht.
Offizielle Eröffnung und Vortrag von Frances Brody über „British Crime“
Dann haben uns die Präsidentin Janet Clark und unsere Vizepräsidentin Anja Marshall offiziell begrüßt. Anschließend hält unser internationaler Gast Frances Brody einen Vortrag über die Krimiszene in Großbritannien und ihre eigene Arbeit. Ihre Kate Shackleton Serie spielt in Yorkshire. Brody hat einmal die Frau getroffen, in deren Haus Kate Shackleton wohnt und der Frau versichert, dass Kate zwar in dem Haus wohne, aber sie nicht stören würde. Frances hat ihren Vortrag auf deutsch gehalten, den ihr auf ihrem Blog nachlesen könnt.
Schwäbischer Abend
Nach leckeren Maultaschen, das Essen im Kloster Schöntal war zu allen Mahlzeiten üppig und hervorragend, steht ein Schwäbischer Abend (Comedy und Lesungen) auf dem Programm. Renaade Stempfle gibt uns Neigschmeckten eine schwäbischen Integrationskurs. Ich erfahre, dass das Wichtige beim Treppeputzen nicht das Treppeputzen an sich ist, sondern dass alle im Haus mit bekommen, dass du die Treppe putzt: „Dafür dengelst du am Treppengeländer lang.“ Obwohl ich nicht alles verstanden habe, habe ich viel gelacht. Zwischen den fünf Teilen des Integrationskurses lesen mörderische Schwestern passende (schwäbische) Krimikurzgeschichten. Auch da gilt, was ich als Nordlicht verstanden habe, hat mir gefallen.
Auf meinem Zimmer und in meinen Träumen
Das auffälligste im Zimmer im Kloster war für mich die Stille. Still. Es war still. Ganz still.
In das Buch „Glauben leben, Leben teilen. Katholisch in Württemberg“, das ich in meinem Kleiderschrank fand, hätte ich gerne hineingeschaut, aber am ersten Abend war ich zu müde, am zweiten hatte ich es vergessen. Da scheint die Neugierde auf die mir fremde Welt dann doch nicht groß genug gewesen zu sein.
Vor dem Einschlafen habe ich überlegt, wer wohl schon alles in diesem Zimmer gewohnt hat und welche Nonnen in dem Zimmer gewohnt haben. Einige Zimmer des Klosters sind noch immer von Nonnen bewohnt. Darüber bin ich eingeschlafen und habe intensiv geträumt. Ein fremder Traum. Oder ein völlig anders gearteter Traum, als meine Träume sonst.
Ich war mit meiner Mutter im Haus meiner Oma väterlicherseits und wir haben versucht, einen Zettel zu entziffern. Wir hatten ihr Erbe nicht verstanden, das war uns klar, so klar wie manche Dinge in Träumen sind. Meine Oma ist seit 30 Jahren tot und ihr Haus eben solange geräumt und verkauft. Aber in dieser Nacht standen meine Mutter und ich im Schlafzimmer meiner Oma. An ihrem Tisch mit der weißen Häkeldecke und der Kristallschale für ihre Haarbürste. Wir halten den Zettel unter eine große Lupe. Ich sehe Männer herein kommen. Menschen werden gequält. Blut fließt.
Der zweite Tag – Samstag 2. Dezember 2017
Sisters Tax – Autorinnen an die Steuer
Gut gestärkt nach einem üppigen Frühstück, geht’s zum ersten Vortrag des Samstags. Zum Glück führt uns Annette Warsönke humorvoll durch den Steuerdschungel für Autorinnen. Ich lerne, dass bei vielen Posten die Autorinnen bei der Steuer angeben, eine Begründung wichtig ist. Und einen guten Erklärungstext sollten Autorinnen doch liefern können, meint Warsönke. Eine Autorin erzählt, sie hätte den Steuerratgeber „Der Autor und das liebe Geld“ von Annette ihrem Steuerberater gegeben. Tolle Idee, darauf bin ich noch nicht gekommen. Bisher steht das Buch einfach nur in meinem Bücherregal.
Workshops erste Runde – meine Wahl: Die Psychologie des Schreibens und das Leben als Autor
„Ich bin Titus. Ich bin 40. Ich schreibe seit ich 17 bin. Mit 23 wurde mein erstes Buch veröffentlicht.“ So beginnt Titus Müller seinen persönlichen Vortrag über seinen Schreiballtag. „Wenn ich mich mechanisch fühle, dann schaue ich einen Film. Mitten am Tag,“ sagt Müller. Die Info entspannt mich, denn sowas erlaube ich mir viel zu selten. Viele ähnliche Anregungen nehme ich aus dem Vortrag mit und das Buch „Vom Abenteuer, einen Roman zu schreiben.“ Natürlich lasse ich es mir vom Autor signieren.
Erster-Kloster-Rundgangs-Quickie
Nach leckerem Rindergulasch „Stroganoff Art“ mit Paprika und Zwiebeln, Rosenkohl und Kräuterkartoffeln und angeregten Gesprächen nutze ich die Mittagspause, um mir schnell die imposante und interessante Klosteranlage anzuschauen.
Workshops zweite Runde – meine Wahl: Figuren und Storypsychologie
Bettina Wüst vermittelt uns lebhaft und humorvoll die Grundlagen des Thea-Scripts. Sie erklärt, wie man mit einem psychologischen Diagnosetool, in ihrem Fall der Transaktions Analyse, ein komplexes Figurenprofil erstellt, das Entwicklungspotential der Figur auslotet, Konflikte und Wendepunkte erkennt und die Figur „in charakter“ agieren lässt. Das alles können wir natürlich nur anreißen und zur Veranschaulichung analysieren wir kurze aber prägnante Filmausschnitte aus „Ziemlich beste Freunde.“
Zweiter-Kloster-Rundgangs-Quickie
Nach Kaffee, Kuchen und einem Vortrag über die Ladies Crime Nights in München sammle ich schnell ein paar Klostereindrücke im Kreuzgang bevor es in den Keller geht. Dort treffen sich die Vereins-Arbeitsgruppen zum intensiven Austausch.
Nach einem leckeren Abendessen, kurz im Zimmer durchatmen und dann geht’s auch schon zum Abendprogramm.
Abendprogramm erster Teil – Ladies Crime Night
Im Festsaal des Klosters haben die mörderischen Schwestern zur Ladies Crime Night geladen. Sieben Autorinnen lesen aus ihren Krimis bis zum Schuss. Frances Brody liest auf Englisch, Fenna Williams liest dieselbe Textstelle nochmal auf deutsch. Dann lesen Anja Feldhorst, Tanja Roth, Petra Ivanov, Julia Corbin, Meike Schwagmann und Sabine Klewe. Zwischen den Krimis singen die Chickpeas a capella. Die örtliche Buchhandlung hat einen Büchertisch erstellt. Ich kaufe „Die Tränen der Engel“ von Sabine Klewe. Dann gibt’s Gedränge beim Skelett, alle wollen ein Foto mit den Knochen. Was für ein wunderbarer Lesungs-Abend.
Abendprogramm zweiter Teil – Gesellig im Keller
Nachdem Anja Feldhorst stundenlang mit mir Fahrstuhl gefahren ist – vielen Dank meine Liebe – kommen wir im Keller bei den Weinflaschen an. Dort trinke ich Rotwein, höre Infos zur Planung der VV 2019 in Heiligenhafen, singe „Auf der Reperbahn nachts um halb eins“, tausche mich über Arbeitsgewohnheiten aus, rede über Kommissarinnen und höre über neue Buchprojekte.
Sabine Klewe signiert mir ihr Buch. Und auch ich darf für eine Autorenkollegin meinen Krimi „Taval und die nackte Katze“ signieren und meine fünf Minuten of fame genießen.
Der dritte Tag – Sonntag 3. Dezember 2017
Frühes Frühstück in Stille
Nach einer traumlosen Nacht gehe ich ganz entgegen meiner Gewohnheit früh in den Frühstücksraum. Bisher sind nur wenige Schwestern anwesend. Wir freuen uns über die relative Ruhe im Frühstücksraum und ich genieße ein üppiges Frühstück.
Dann fix die letzten Sachen in den Koffer geräumt, das Zimmer bezahlt und den Koffer untergestellt.
Vollversammlung
Im Festsaal steigt die Vollversammlung. Als eingetragener Verein gehört die Vereinsarbeit zu so einer Tagung dazu. In vier Stunden haben wir elf Tagesordnungspunkte besprochen und über 13 Anträge abgestimmt. Draußen fällt leise aber stetig Schnee.
Mittag und Abschied
Neben angeregten Gesprächen mit Themen aus der Vollversammlung esse ich leckeren Tafelspitz mit Merettichrahmsoße, grünen Bohnen und Bandnudeln.
Dann heißt es auch schon Abschiednehmen. Toll war’s! Bis nächstes Jahr in Heiligenhafen.
Vielen Dank an alle anwesenden Autorinnen, die Mitarbeiter des Kloster Schöntals und herzlichen Dank an die Organisatorinnen.
P.S.
Auf der Rückfahrt muss ich in Hamburg auf dem Hauptbahnhof eine Stunde auf meinen Zug nach Kiel warten. Da habe ich in der Bahnhofsbuchhandlung noch den Krimi „Spreewaldtod“ von Christiane Dieckerhoff gekauft. Wo wir doch im Keller beim Wein über ihre Kommissarin gesprochen hatten.
10 Antworter auf Jahrestagung der Mörderischen Schwestern 2017 im Kloster Schöntal