„Beantwortest du die Frage „Was machst du?“ mit deinem Beruf?“, fragt Claudia in der fünften Frage ihrer 60-Fragen-Challenge. Meistens sage ich, ich bin Krimiautorin, manchmal freie Autorin, selten sage ich nur, ich schreibe. Das kommt auf die Situation und meine Stimmung an. Ich habe auch schon mal behauptet, dass ich Meerschweinchenzüchterin sei.
Das war auf meinem 20 jährigen Abitreffen. Ein Jurist fragte mich mit ernster Miene und in gestelzter Sprache, was ich machen würde. Ich konnte einfach nicht widerstehen und habe gesagt: Ich züchte hauptberuflich Meerschweinchen. Ich musste das dann zum Glück nicht weiter erklären, weil ein anderer ehemaliger Mitschüler schallend angefangen hat zu lachen. Ich habe dann aber noch gesagt, dass ich bei einem Kieler Stadtmagazin arbeite. Was zu der Zeit auch gestimmt hat.
Auf einer Abend-Veranstaltung der Business Professional Women im Kieler Yacht Club habe ich in einem leuchtend roten Samtkleid einer Frau in grauem Hosenanzug wahrheitsgemäß mit Krimiautorin geantwortet. Ihre Antwort hat mich sprachlos gemacht und dann haben wir beide schallend gelacht. Sie hat nämlich gesagt, sie sei staatlich legitimierte Killerin.
In meinem Kopf ging schnell nacheinander folgendes ab: „Boah, wie geil, die Frau muss ich ausfragen. Äh, Moment mal, das gibt es nicht und selbst wenn würde sie mir das nicht einfach so offen bei einem Glas Sekt am Stehtisch mitteilen.“ Die Frau war gelernte Gärtnerin und dort wird, staatlich legitimiert, mit Pflanzenschutzmitteln getötet. Sie hat mir dann auch noch sehr viel über Giftpflanzen erzählt.
Ich habe schon viele verschiedene Jobs gemacht und finde es sehr interessant, wie Menschen einen aufgrund der Arbeit einordnen. Ich habe ein paar Monate als Köchin in einem Seminarhaus in Süddeutschland gearbeitet. Auf einer meiner Heimfahrten mit der Bahn habe ich mich sehr angeregt mit drei anderen Fahrgästen über alle möglichen Themen unterhalten.
Irgendwann hat einer angefangen zu fragen, was wir alle so beruflich machen. Einer hatte Germanistik studiert und gerade seinen ersten Gedichtband veröffentlicht, eine war Medizinerin, einer war Historiker und ich habe gesagt, ich bin Köchin in einem Seminarhaus. Mein Studium habe ich verschwiegen. Alle fanden das natürlich auch eine tolle Arbeit. Aber von dem Moment an haben sie nur noch in einfachen Sätzen mit mir gesprochen und dass obwohl ich vorher sehr wohl der Unterhaltung gefolgt war und auch dazu beigetragen hatte.
Eine Zeit lang hat mich die Frage geschmerzt. Das war, als ich mein Referendariat an der Schule abgebrochen hatte und einfach nicht wusste, was ich auf die Frage antworten sollte, weil ich mit mir selber noch nicht klar darüber war. Deswegen bin ich heute vorsichtig mit der Frage und stelle sie nur sehr selten. Oft finde ich die Frage nach dem Job aber auch einfach eine langweilige Frage.
Die Frage „Was machst du?“ könnte ich natürlich auch viel weiter gefasst verstehen. Je nach Kontext frage ich da auch schon mal nach, was mein Gegenüber meint. Wenn ich keine Lust habe, über meine Arbeit zu reden, dann sage ich, ich bin freie Autorin. Da hat noch niemand nachgefragt, was ich genau mache und dann frage ich mein Gegenüber nach dem Job.
Für die Zukunft nehme ich mir vor, wenn ich Lust habe, auf die Frage zu antworten: Ich bin Krimiautorin und ich schreibe gerade wöchentlich eine Kurzgeschichte und täglich auf meinem Blog. Oder: Ich bin Krimiautorin und schreibe gerade an dem zweiten Fall von meinem Privatdetektiv Jesper Taval. Oder: Ich bin Krimiautorin und ich helfe anderen Geschichten zu schreiben.