Zur Zeit ist Herbstjahrmarkt auf dem Kieler Wilhelmplatz und ich liebe es, über den Jahrmarkt zu gehen, wenn er noch geschlossen hat. Dann gucke ich mir die farbenfrohen aber verlassenen Fahrgeschäfte an. So ein geschlossener Jahrmarkt hat für mich etwas Morbides. Die bunten Lichter sind erloschen, die Fahrgeschäfte stehen still, der Duft von Zuckerwatte hängt noch in der Luft.
Ein Krimi in der Stille
Wäre mein Spaziergang ein Krimi, würde ich ein unheimliches Geräusch aus einem der Fahrgeschäfte hören, nachsehen und in ein Verbrechen verwickelt werden. Oder ich würde einen geheimnisvollen Schatten bemerken, der sich zwischen den Fahrgeschäften bewegt, würde dieser Spur folgen und ein Geheimnis entdecken. Oder ich fühlte mich bedroht, würde angegriffen werden, müsste mich verteidigen und lande in einer Verfolgungsjagd über den Jahrmarkt.
Nostalgie und Kindheitserinnerung
Da mein Spaziergang aber einfach ein Spaziergang unter blauem Himmel in der Herbstsonne ist, genieße ich die Stille, die morbide Atmosphäre und die Erinnerungsfetzen an Jahrmarktsbesuche aus meiner Kindheit. Als Kind habe ich Riesenradfahren geliebt. Auch der Privatermittler Taval fährt in einer Szene eines zukünftigen Krimis mit dem Riesenrad auf dem Kieler Jahrmarkt.
Die Enttäuschung ohne Riesenrad
Auf dem Kieler Herbstmarkt gibt es kein Riesenrad, was bei mir Enttäuschung auslöst, auch wenn ich gar nicht damit fahren würde. Trotzdem bin ich jedes Mal erleichtert, wenn ich sehe, dass das Riesenrad auf dem Frühjahrsmarkt aufgebaut wird. Damit bin ich vor Jahren einmal gefahren, hatte die ganze Zeit muffen und konnte trotzdem die Aussicht über Kiel genießen, die sich bietet, wenn die Gondel ganz oben stehen bleibt.
Der Blick von oben
Von dort oben konnte ich über die Dächer von Kiel bis zur Förde schauen. Das war ein erhabenes Gefühl. Die Gespräche und das Lachen der Menschen unten auf dem Jahrmarkt konnte ich nicht hören, aber ihre Bewegungen konnte ich von oben gut verfolgen. Sie wurden zu Figuren in einer Geschichte, die ich von dort oben aus spinnen konnte und in die ich sie verwickeln konnte.
Tavals fiktive Ermittlungen
In meinen Gedanken verwischen sich die Realität und die fiktive Welt von Taval. Ich stelle mir vor, wie er oben im Riesenrad in seinen Fall verwickelt ist und in der Stadt nach Hinweisen sucht. Vielleicht entdeckt er von dort oben einen Verdächtigen in der Menge. Was würde passieren, wenn ich ihn in die schummrigen Lichter eines Jahrmarkts eintauchen lassen würde, der nicht so harmlos war, wie er aussah?
Die Stille führt zu Fragen nach der Faszination von Fahrgeschäften
Während ich meine Phantasie und meine Gedanken schweifen lasse, bemerke ich wieder die Stille des geschlossenen Herbstmarktes. Manchmal bewirkt die Abwesenheit von Menschen, das Gefühl hinter die Kulissen schauen zu können. Ich frage mich, warum Menschen eigentlich Fahrgeschäfte lieben? Warum lassen wir uns in die Höhe und Tiefe schleudern, mit einem Kettenkarussell fliegen oder im Kreis herum wirbeln?
Der Jahrmarkt erwacht
Die Fahrgeschäfte um mich herum beginnen zu erwachen, erste Jahrmarktbesucher*innen kommen auf den Platz und für mich wird es Zeit nach Hause zu gehen. In dem Wissen, dass ich im Frühjahr wieder über den geschlossenen Jahrmarkt schlendern und die morbide Atmosphäre genießen werde. Vielleicht fahre ich dann auch mal wieder mit dem Riesenrad.
Gehst du auf Jahrmärkte? Was magst du auf Jahrmärkten? Fährst Du Riesenrad? Schreib es in die Kommentare.
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