Von meinem idyllischen Schreibplatz, an dem ich diese Woche in der Morgensonne mein Journal schreibe, kann ich einen besonderen Apfelbaum sehen. 100 Apfelsorten sollen an diesem einen Baum im Garten des Nordkollegs in Rendsburg wachsen.
Ob es wirklich so viele sind, habe ich nicht gezählt, aber die Sorten sind zahlreich. Von jeder Sorte führt eine Schnur zu einem Brett mit den Namensschildern der Äpfel: roter Finkenwerder Herbstprinz, Juwel aus Kirchwerder, Goldrinette von Blenheim und Schöner aus Holstein.
Maren Nissen, Inge von Klixbüll und Jakob Lebel könnten auch Figuren in einem Krimi sein. Vielleicht hätten die Personen die Eigenschaften der jeweiligen Äpfel und eine Pomologin müsste den Fall aufklären. Mir würde es gefallen in die Pomologie einzutauchen, aber diese Woche fülle ich mein Gehirn mit Finnisch.
Ich könnte hier nach dem Gärtner fragen, der die Apfelsorten auf den einen Baum aufgepfropft hat. Der könnte mir ein bisschen mehr zu dem Baum erzählt. Das ist eine gute Idee. Das werde ich machen.
Mittwoch 4. September 2024 – weitere Infos zum 100-Sorten-Baum
Mit dem Gärtner habe ich noch nicht gesprochen, aber mit dem Leiter der Sprachenabteilung vom Nordkolleg. Von dem habe ich erfahren, dass der Gärtner Jochen heißt und eine gute Beschreibung von ihm habe ich auch bekommen. In einer Pause vom Finnisch-Kurs werde ich den Gärtner, der auch Kurse im Obstbaumveredeln gibt, suchen und zum 100-Sorten-Baum befragen.
Der Baum heißt 100-Sorten-Baum und ist der zweite seiner Art im Garten des Nordkollegs. Der erste 100-Sorten-Baum ist zu alt, um noch Früchte zu tragen. Der neue hat noch keine 100 Sorten, aber der Gärtner arbeitet daran, erzählt mir der Leiter der Sprachenabteilung. Insgesamt wachsen 200 Apfelsorten im Garten des Nordkollegs.
Wenn man einen Apfelkern einpflanzt, wird kein Apfelbaum daraus, der dann auch Früchte trägt. Apfelbäume müssen, wie alle Obstbäume, veredelt werden, damit sie Früchte tragen. Ein Baum kann mit beliebig vielen Sorten veredelt werden.
Freitag 6. September 2024 – Gespräch mit dem Gärtner
Heute habe ich den Gärtner gefunden und mit ihm gesprochen. Auf dem Baum wachsen derzeit 106 Apfelsorten. Der Ausgangsbaum ist ein Philippa aus den 1950er Jahren. Jeder Apfelbaum eignet sich zum Aufpfropfen. Er muss dafür mindestens bleistiftdick sein. Manchmal vertragen sich Sorten nicht, aber das weiß man vorher nicht. Der alte 100-Sorten-Baum war 90 Jahre alt und ist abgängig.
Zum Veredeln schneidet man Triebe im Januar, versorgt die Schnittstelle und legt den Trieb in den Kühlschrank. Auf die Schnittstelle darf man nicht fassen, weil wir Salz an den Fingern haben. Dann steckt man den Trieb im Frühjahr mit der Schnittstelle (gegenüber muss ein Auge sein, das den Trieb versorgt) in die aufgeritzte Rinde links und rechts an eine Astschnittstelle eines Apfelbaums, umwickelt diese und macht Wachs drauf.
Man setzt auf zwei Seiten Triebe, damit die Schnittstelle am Baum besser verheilt. Später schneidet man den weniger kräftigen Trieb wieder ab, damit der kräftigere genug Platz hat. Weil ich erzählt habe, dass ich einen Finkenwerder Herbstprinz im Schrebergarten hatte, hat der Gärtner mir gesagt, ich soll einen neuen Pflanzen. Und dann kann ich einen zweiten aufpfropfen, damit ich auf wenig Platz zwei Sorten Äpfel ernten kann. Das gefällt mir.