Cafévermissung: Ich vermisse die Behaglichkeit, die die Leute um mich herum ausstrahlen, den Luxus für sich zu sein ohne allein zu sein, die Geräusche um mich herum, den Duft von Kaffee und natürlich auch das Beobachten der anderen Cafégäste.
Montag habe ich gemerkt, wie groß meine Cafévermissung ist. Ich war einen Cappuccino trinken und konnte seit Wochen mal wieder vor dem Café an einem Tisch auf dem Bürgersteig sitzen. Später kamen zwei junge Frauen und setzten sich an den Tisch auf der anderen Seite des breiten Gehsteigs.
Plötzlich war sie da, die Stimmenkulisse, der Cappuccino-Duft, das Café-Gefühl. Und die goldene Smartwatch, die eine der Frauen getragen hat, trägt jetzt die Assistentin meiner Privatdetektivin aus der Kurzgeschichte, die ich diese Woche schreibe. Das vermisse ich!
Beginn meiner Cafévermissung – Das Café Liebling hat geschlossen
Meine Cafévermissung hat schon im Juli 2019 angefangen. Da hat mein Lieblingscafé, das Café Liebling, geschlossen. Das Café war fünf Jahre lang mein zweites Wohnzimmer. Dort habe ich vor mich ihn geträumt, zahlreiche Bücher gelesen, meinen Krimi „Taval und die nackte Katze“ überarbeitet und meine erste Autorinnenlesung aus dem Krimi gemacht. In dem Café habe ich viele Menschen aus meinem Stadtviertel kennen gelernt, der Suppendonnerstag war mein Mittagstag im Café Liebling und als ich mir den Arm gebrochen hatte, war das Café mein sicherer Hafen.
Mehr Cafévermissung – zuerst war ich krank, dann kam Corona
Natürlich gibt es noch andere Cafés in Kiel. Aber ich konnte schon seit September nicht mehr entspannt in ein Café gehen und dann auch irgendwann gar nicht mehr, weil ich krank war. Im März war ich soweit wieder gesund, dass ein Cafébesuch auch wieder genussvoll und nicht nur anstrengend hätte sein können. Aber da hat Corona die Cafés geschlossen.
Und die kleinen gemütlichen Cafés sind hier in Kiel auch immer noch geschlossen. Was ich sehr gut verstehen und nachvollziehen kann, denn ein geselliger Cafébetrieb ist unter den gegeben Umständen einfach nicht möglich. Ich würde mich zur Zeit wegen Corona-Vorsicht auch noch gar nicht wohlfühlen in einem geschlossenen Raum mit vielen Personen.
Meinen Lieblingsplatz im Café Bakeliet wird es auch nicht mehr geben
Gestern habe ich beim Cappuccinoholen erfahren, dass mein Lieblingsplatz im Café Bakeliet zwischen der Kaffeemaschine und dem Fenster in Zukunft kein Platz mehr sein wird. Das Fenster bleibt das Brotregal und damit das auch so bleiben kann, wenn wieder Gäste das Café betreten, wird der Tresen umgebaut.
Damit verschwindet dieser kuschelige Platz an dem ich die Geräuschkulisse des Cafés gut hören konnte, selber aber an einem ruhigen Platz saß und gut beobachten konnte, wer ins Café kam. Oder einfach dort mein Buch lesen und einen Cappuccino trinken, um nach einer Viertel Stunde Cafépause wieder zu gehen.
Cafégeschichten lesen, um Cafévermissung zu lindern
Um meine Cafévermissung etwas zu lindern, habe ich mir in meinem Kieler Lieblingsbuchladen einen Stapel Bücher mit Cafégeschichten bestellt. Die lese ich Zuhause in meinem Lesesessel und trinke einen schönen Cappuccino dazu.
Als Erstes habe ich „Die Ballade vom traurigen Café“ von Carson McCullers gelesen. Eine großartige Geschichte über drei Außenseiter, das unerwiderte Lieben, ein Café als Zentrum in einer kleinen Südstaatensiedlung und wie der Titel eigentlich schon verrät überhaupt nicht geeignet, um Cafévermissung zu lindern. Trotzdem werde ich die Geschichte nochmal lesen.
Letztes Jahr im Juli habe ich die Geschichte „Ein gutes Café an der Place Saint-Michel“ von Ernest Hemingway zum ersten Mal gelesen. Jetzt habe ich sie nochmal gelesen. Ich finde, das ist eine schöne Cafégeschichte, die dazu einlädt, selbst Cafégeschichten zu erzählen. Und selbst Cafégeschichten zu schreiben, ist bestimmt auch ein gutes Mittel, um mit der Cafévermissung umzugehen. Das werde ich ausprobieren. Und irgendwie ist dieser Blogbeitrag ja auch schon eine Cafégeschichte.
Hast du Cafévermissung? Kennst du schöne Cafégeschichten? Oder hättest du auch Lust Cafégeschichten zu schreiben?
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